Am 25. und 26. März 2019 fand in Bamberg das alljährliche Treffen des Arbeitskreises „Praktische Philosophie im Mittelalter“ statt. Die organisatorische Vorbereitung lag bei Prof. Dr. Christian Schäfer und PD Dr. Marko J. Fuchs.
Thematisch ging es diesmal um die augustinische Schrift „De natura boni“, zu Deutsch: „Über die Natur des Guten“.
„De natura boni“, das im Jahr 399 n. Chr. entstand, wird in der Forschungslandschaft meist dem antimanichäischen Textkorpus zugeordnet. Lange hatte der 354 n. Chr. geborene Augustin, der auch als bedeutendster Kirchenvater der Patristik bezeichnet wird, sich in seinem beharrlichen Streben nach Wahrheit, ausgelöst durch die Lektüre von Ciceros „Hortensius“, mit verschiedenen philosophischen Strömungen auseinandergesetzt, bis er sich schließlich 387 n. Chr. taufen ließ und den Rest seines Lebens dem christlichen Glauben, unter Beeinflussung und Berücksichtigung philosophischer Fragestellungen, widmete. In einer neun Jahre andauernden frühen Phase seines Schaffens wurde Augustin durch den Manichäismus geprägt. Der Manichäismus ist eine in der Spätantike entstandene synkretistische Religion, die nach ihrem Begründer, Mani, benannt ist. Doch nur mit dem Stichwort: „manichäisch“ oder eher „antimanichäisch“ erschließt sich nicht die philosophische Stärke der Schrift, die dieses Werk wie die augustinischen Arbeiten per se auszeichnet.
Stoisches, Skeptisches, (Neu-)Platonisches, Aristotelisches, antimanichäisches und christliches Gedankengut fand bei Augustin Anklang; eine Tatsache, die auch in unserer Runde zu äußerst fruchtbaren Diskussionen führte.
Summum bonum, quo superius non est, deus est.
„Das höchste Gut, über das hinaus es kein höheres gibt, ist Gott“ (1,1), so beginnt Augustins „De natura boni“. Dem Werk zugrunde liegt das zentrale Argument, dass alle Naturen schließlich von Gott gegeben sind, weil die verschiedenen Naturen allesamt gut sind und alles Gute nur von Gott abstammen kann.
1. Prämisse: Jede Natur ist gut.
2. Prämisse: Alles Gute stammt von Gott.
3. Schlussfolgerung (Syllogismus): Jede Natur stammt von Gott ab.
[Quia ergo bona omnia, sive magna sive parva, per quoslibet rerum gradus non possunt esse nisi a deo, omnis autem natura, in quantum natura est, bonum est, omnis natura non potest esse nisi a summo et vero deo.
„Weil also alles Gute, ob groß oder klein, auf allen beliebigen Seinsstufen nur von Gott sein kann, jede Natur aber, insofern sie Natur ist, ein Gut ist, kann jede Natur nur vom höchsten und wahren Gott sein.“ (1,9)]
Ein aus zwei Prämissen gezogener Schluss wird auch als Syllogismus bezeichnet. Durch diese Deduktion wird die Annahme, dass jede Natur von Gott abstammt, von Augustin bereits in „De vera religione“ („Über die wahre Religion“ 35f.) aus dem Jahr 390 n. Chr. sowie in „De libero arbitrio“ („Über den freien Willen“ 2,54) aus den Jahren 387 bis 395 begründet. Zugrunde liegt diesem augustinischen Argument die neuplatonische Seinsordnung, dass alles aus dem höchsten unteilbaren Einen hervorgeht.
Zudem befasst sich Augustin mit dem malum, dem „Schlechten“ oder „Bösen“, in Abgrenzung zur Natur des wahren Guten. „Augustin sind vier grundlegende Konzepte von malum vorgegeben, auf die er reagieren wird: Das biblische konzentriert das Böse auf Sünde und Errettung aus dem Unheil [1]; das manichäische sieht den Ursprung des malum in einem quasigöttlichen Gegenprinzip [2]; das stoische tendiert auf die vorbehaltlose Einordnung des malum in eine kosmische Gesamtordnung; das neuplatonische ordnet die Frage der hierarchischen Stufung des Seienden ein [3].
In der christlichen Theologie war in der Epoche Augustins noch kein Konsens bezüglich des malum gefunden [4].“ (Hermann Häring: s. v. malum, in: Augustinus-Lexikon. Hrsg. v. Cornelius Mayer, Vol. 3, Basel 2004-2010, Sp. 1111)
Dieser Bericht soll schließen mit einer herzlichen Einladung an alle, bei denen das Interesse geweckt wurde, an unserem Arbeitskreis teilzunehmen. Wer in den E-Mail-Verteiler aufgenommen werden möchte, melde sich bitte bei den Initiatoren dieses AKs, bei Jörn Müller (joern.mueller@uni-wuerzburg.de) oder Matthias Perkams (Matthias.Perkams@uni-jena.de).
Teilnehmer/innen: Prof. Dr. Christian Schäfer, PD Dr. Marko Fuchs, Prof. Dr. Jörn Müller, PD Dr. Michael Schramm, Prof. Dr. Matthias Perkams, PD Dr. Jorge Uscatescu, M. A. Lisa Maria Knothe und M. A. Maria Herzog.
Maria Herzog